Stimmrechtszurechnung beim Trust
von Ulrich Wackerbarth
Keine leichte, aber sehr nahrhafte Kost serviert Christoph Mutter in seinem Aufsatz in der AG 2006, 637-650. Er untersucht im Detail die Struktur des angloamerikanischen Trusts und vergleicht sie mit deutschen Rechtskonstruktionen vorwiegend aus dem Stiftungsbereich. Auf diese Weise will er zu einer zutreffenden Qualifikation des Trusts gelangen und die Frage entscheiden, wem bei Einschaltung eines Trusts die Stimmrechte der gehaltenen Aktien zugerechnet werden. Hier kann man einiges über die Arbeit erfahren, die ein Rechtsvergleicher bei der Qualifikation ausländischer Rechtsinstitute zu leisten hat und vor allem gewinnt man ein vertieftes Verständnis der Rechtsfigur des Trust, die im deutschen Privatrecht kein wirkliches Pendant besitzt und deren Verständnis unabdingbar für die Durchdringung weiter Teile des angloamerikanischen Zivil- und Gesellschaftsrechts ist.
Sein nachvollziehbares Ergebnis lautet im Wesentlichen: Der irrevocable trust sei zwar nicht selbst rechtsfähig, komme aber – in Teilen – einer selbständigen Stiftung nahe, so dass der trustee als Eigentümer der Aktien meldepflichtig sei, nicht aber die beneficiaries (vergleichbar mit den Destinatären einer Stiftung) oder der settlor (vgl. Stifter). Anderes gilt bezüglich des settlors beim revocable trust, weil dann der settlor vergleichbar einem Treugeber das wirtschaftliche Risiko trage.
Allerdings will Mutter auch den einen trustee beherrschenden Gesellschafter analog § 32 Abs. 2 S. 1 InvG von der Meldepflicht ausnehmen, da der trustee in Bezug auf das Sondervermögen gesetzlich unabhängig sei. Auch aus § 22 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folge nichts anderes. Denn in der dort geregelten Situation könne zwar ebenfalls trotz gesetzlicher Unabhängigkeit eine Zurechnung (nämlich zu einem Treugeber ohne gesetzliche Einflussrechte) erfolgen. Dies geschehe aber nur, weil der, dem zugerechnet wird, auch das wirtschaftliche Risiko trage. Das sei bei der Kapitalanlagegesellschaft (KAG) und eben beim trustee bezüglich des beherrschenden Gesellschafters anders, weshalb eben § 32 InvG auf den trust analog anzuwenden sei. Das wirtschaftliche Risiko mag der beherrschende Gesellschafter tatsächlich nicht tragen und dennoch leuchtet mir die Herausnahme der beherrschenden Gesellschafter von trustees aus der Zurechnung gem. § 22 WpHG damit noch nicht voll ein: Denn jede KAG, aber nicht jeder trust unterliegt den Bestimmungen über die Aufsicht der BAFin nach den § 5ff. InvG. Durch diese Aufsicht mag die unabhängige Verwaltung des Sondervermögens im Falle der KAG tatsächlich sichergestellt sein, so dass keine Zurechnung der von ihr gehaltenen Papiere notwendig ist. Bei trusts kann das anders sein …