Leistungshindernis zwischen Angebot und Annahme: Es gibt noch eine dritte Lösung

von Ulrich Wackerbarth

Tettinger schreibt in der ZGS 12/2006, S. 452ff. (den Beitrag habe ich leider erst Anfang Februar erhalten) über das Problem, dass die Unmöglichkeit zwischen Antrag und Annahme, also vor Vertragsschluss eintritt. Streng genommen wäre das eine sog. anfängliche Unmöglichkeit, also käme es nach § 311 Abs. 2 BGB nur darauf an, ob der Schuldner das Leistungshindernis kannte oder nicht (Beispiel: V bietet K einen Gebrauchtwagen am Montag an, K nimmt am Mittwoch an, bereits am Dienstag hat aber ein Dritter den Wagen zu Schrott gefahren). V weiß im Zeitpunkt des Zugangs der Angebotsannahme, dass bereits Unmöglichkeit eingetreten ist, müsste also nach § 311 Abs. 2 BGB haften. Andererseits kann er ja nichts dafür, seine Haftung wäre evident unangemessen.
Tettinger will – jedenfalls im Ergebnis – den V aber dann haften lassen, wenn der nicht unverzüglich das Angebot widerruft, sobald er von der Unmöglichkeit erfährt. Zu einem solchen Widerruf sei er über § 130 BGB hinaus berechtigt. Soll das auch gelten, wenn das Angebot unwiderruflich war? Und auch dann, wenn der V den Unfall selbst verschuldet hat? In der Sache dürfte es doch wohl nicht um den Widerruf, sondern um die rechtzeitige Information des K vom eingetretenen Leistungshindernis gehen. Aber wieso könnte dann ein Verstoß gegen eine vorvertragliche Informationspflicht eine Haftung auf das positive Interesse rechtfertigen? Bei c.i.c. haftet man doch typischerweise nur auf das negative Interesse… Unklar ist für mich auch, woher eine – wohl auch von Tettinger befürwortete – Haftung des V folgen soll, wenn der V selbst die Unmöglichkeit verschuldet hat und anschließend unverzüglich seinen Geschäftspartner informiert hat. In einem solchen Fall kann man ihm jedenfalls nicht vorwerfen, einen Vertrag trotz Kenntnis der Unmöglichkeit geschlossen oder gegen Informationspflichten verstoßen zu haben. Der eigentliche Vorwurf liegt woanders, kann aber durch § 311a Abs. 2 BGB (Abstellen auf Kenntnis passt nicht) oder § 283 BGB (Tatbestand ist mangels Pflicht des V zur Erfüllung nicht gegeben) nicht zutreffend erfasst werden.
Nicht erwähnt hat Tettinger meinen Vorschlag im Anwalt-Kommentar § 160 BGB Rn. 8: Eine mögliche Haftung nach § 311 Abs. 2 BGB endet mit der Abgabe der Willenserklärung durch V; die Haftung nach § 280, 283 BGB kann erst mit dem Vertragsschluss beginnen, weil vorher keine Erfüllungspflicht besteht. Die Zwischenzeit wird durch eine analoge Anwendung des § 160 BGB gefüllt. Trotz noch fehlender Pflicht gibt es analog § 160 BGB eine Pflicht des V, in der Schwebezeit zwischen Antrag und Annahme die Erfüllung nicht unmöglich zu machen. Deren Verletzung führt nach § 160 BGB zum Ersatz des positiven Interesses. Schon Flume wollte diese Vorschrift auf die von Tettinger beschriebene Situation anwenden. Eine – ggf. zusätzliche – Informationspflichtverletzung führte dann systemkonform nur zum Ersatz des negativen Interesses…

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