Sonderprüfung in der GmbH – nur rechtspolitische Forderung oder geltendes Recht?

von Andreas Kolb

Peters und Dechow setzen sich in ihrem Beitrag in der GmbHR 2007, 236 ff. (Heft 5) mit der Frage auseinander, ob die Kodifizierung eines Sonderprüfungsrechts für Minderheitsgesellschafter einer GmbH wünschenswert ist. Sie beschreiben die Insuffizienz der Regelungen der §§ 51a und b GmbHG zum Auskunfts- und Einsichtsrecht, was Zustimmung verdient. So erfolgt die Sonderprüfung durch eine unparteiische Instanz und wird nicht wie das Informationsrecht durch den oder die Gesellschafter selbst oder eine Person in deren Lager geltend gemacht. Dies kann einerseits zur Vermeidung eines innergesellschaftlichen Schadensersatzprozesses beitragen, also u.U. mediative Wirkung haben. Andererseits gehen die Mittel der Sonderprüfung über die des Informationsrechts hinaus, denn erstere beinhaltet, wie der Name schon sagt, neben der Informationseinbringung eine Prüfung.

Die Autorinnen treten rechtspolitisch, wie sich dem Formulierungsvorschlag für eine dahin gehende Satzungsregelung auf Seite 242 entnehmen lässt, für eine gesetzliche Regelung des Sonderprüfungsrechts durch ein 10 %-iges Quorum und für ein entsprechendes Recht zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer und / oder Gesellschafter im Wege der Prozessstandschaft entsprechend § 147 f. AktG ein. Auch dem ist zuzustimmen.

Leider endet der Beitrag mit der Feststellung, dass eine entsprechende Änderung zwar wünschenswert wäre, aber nach dem derzeitigen Stand durch das wohl kommende MoMiG nicht zu erwarten sei. Aber warum sollten die Minderheitenrechte der § 142 Abs. 2 und § 147 f. AktG nicht schon de lege lata analog auf das GmbH-Recht anwendbar sein? Muss man denn wirklich die Hände in den Schoß legen und darauf hoffen, dass die Gesellschafter eine so perfekte Satzungsregelung, wie sie Peters und Dechow vorschlagen, vereinbaren? Leider ist dies, wie die Praxis zeigt, meist nicht der Fall.

Das GmbHG ist hier lückenhaft, und diese Lücke kann durch entsprechende Regelungen des AktG ausgefüllt werden. Diese Lücke ist auch planwidrig. Selbst wenn man hier zu dem Schluss kommt, der Gesetzgeber wollte (ursprünglich) für die GmbH kein Sonderprüfungsrecht einführen, kann sich diese Beurteilung durch einen nachträglichen Wandel der Umstände verändert haben. So wurde das Quorum im Aktienrecht durch das UMAG erheblich herabgesetzt, um einerseits die Minderheitenrechte zu stärken, anderseits einen Gleichlauf mit dem Minderheitenrecht zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft zu erreichen, wozu die Sonderprüfung oftmals Voraussetzung ist.

Aber genauso ist es im GmbH-Recht. Warum sollte einer Minderheit von 10 % des Stammkapitals ein Informationsrecht nach § 51a f. GmbHG zustehen, aber kein Sonderprüfungsrecht? Die Rechtsinstitute ergänzen sich, es sollte also, wie Peters und Dechow zutreffend feststellen, ein Gleichlauf auch dieser Minderheitenrechte erfolgen. Zudem nimmt die Akzeptanz der actio pro socio auch bei der GmbH immer mehr zu (vgl. ITT-Urteil und Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rn. 37 mwN). Und aus dem Erkennen einer solchen Notwendigkeit folgt doch, dass die Regelungslücke planwidrig war und ist. Und dass der Minderheitenschutz bei der GmbH nur lückenhaft und daher nicht abschließend geregelt ist, ist unbestreitbar. In diesem Fall bietet sich ein Rückgriff auf die am nähesten verwandte Gesellschaftsform, die AG, an. So tut es die ganz h.M. etwa bei der Frage der Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen. Dagegen bietet die positive Beschlussfeststellungsklage keine befriedigende Lösung. Sie ist umständlich und langwierig, bis zu einem rechtskräftigen Urteil können Jahre vergehen. Die Voraussetzungen einer Analogie zu § 142 Abs. 2 und § 147 f. AktG können durchaus bejaht werden.

Peters und Dechow schweigen dazu, ob die von ihnen befürwortete, in das GmbHG aufzunehmende Regelung zum Recht der Sonderprüfung durch eine Gesellschafterminderheit dispositiven Charakter haben oder unabdingbar sein soll. Dass das Sonderprüfungsrecht durch die Mehrheit (§ 46 Nr. 6 GmbHG) nicht im Statut ausgeschlossen werden kann, dürfte insoweit unstreitig sein (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 46 Rn.50 f.). Anders als im Aktienrecht wäre es für die GmbH systemgerecht, die Minderheitenrechte § 142 Abs. 2 und § 147 f. AktG wenigstens teilweise zur Disposition der Gesellschafter zu stellen. Vor allem in Bezug auf die Höhe des Quorums, aber auch im Hinblick auf die sonstigen Voraussetzungen sollte eine abweichende statutarische Regelung möglich sein. Über Details dazu müsste man noch weiter nachdenken…

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