Neues zur AGB-Kontrolle von Gewährleistungsausschlüssen

von Ulrich Wackerbarth

Der BGH hat in seiner heute veröffentlichten Entscheidung vom 19.9.2007 all denen neue Munition geliefert, die einen per AGB vereinbarten pauschalen Gewährleistungsausschluss für unwirksam halten, weil damit auch – entgegen § 309 Nr. 7 lit. a und lit. b BGB – die Haftung für Schäden an Körper und Gesundheit bzw. grob fahrlässig verschuldete Schäden ausgeschlossen werden. In der Entscheidung versteht der BGH einen pauschalen Gewährleistungsausschluss in einem Vertrag über einen Gebrauchtwagen in der Tat als solch weitreichenden und deshalb gegen die genannten Klauseln verstoßenden und damit unwirksamen Ausschluss. Ich hatte in meinem Blog-Beitrag (hier nebst umfangreichen Kommentaren) dagegen dafür plädiert, aus historischen Gründen solche Gewährleistungsklauseln einschränkend zu interpretieren. Der BGH äußert sich zu den Gegenargumenten nicht, vgl. Tz. 10 des Urteils.

Allerdings ging es in der veröffentlichten Entscheidung „nur“ um einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern. Ob auch pauschale Gewährleistungsausschlüsse in e-Bay-Kaufverträgen zwischen Privaten vom BGH so behandelt werden, steht nach wie vor zur Diskussion.

3 Reaktionen zu “Neues zur AGB-Kontrolle von Gewährleistungsausschlüssen”

  1. wstell

    Ich halte die grundsätzliche Haltung des BGH, eine geltungserhaltende Reduktion bei AGB auszuschließen, für richtig. Es kann nicht die Aufgabe des Gerichts sein, für den Verwender der AGB das für ihn Günstigste und gerade noch gesetztlich Mögliche durchzusetzen.
    Das Problem zwischen Privaten bei EBAY sehe ich eigentlich nicht. Entweder sie verkaufen so regelmäßig, dass sie als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB zu betrachten sind, oder sie verwenden gar keine AGB, und dann ist der Haftungsausschluss unproblematisch, da bleibt allenfalls noch § 444 BGB (arglistiges Verschweigen), aber sonst können sie die Haftung komplett ausschließen.

  2. Prof. Wackerbarth

    Dem kann ich mich nicht anschließen: Natürlich gibt es keine geltungserhaltende Reduktion von AGB, aber es ist trotzdem fraglich, ob ein von Privaten gestellter pauschaler Gewährleistungsausschluss auch einen Haftungsausschluss für Körper- und Gesundheitsschäden meint. Insbesondere ist fraglich, ob das Gebot der (zunächst) kundenfeindlichsten Auslegung zwischen Privaten greift, vgl. die Diskussion zum zitierten Blog-Beitrag.
    Keinesfalls richtig ist Ihre Gleichsetzung von AGB und Unternehmer: Es gibt tausende Private, die den gleichlautenden pauschalen Gewährleistungsausschluss bereits mehr als zweimal verwendet haben oder zu verwenden beabsichtigen (dann handelt es sich bereits um AGB), aber dennoch nicht so oft bei E-Bay Verkäufe getätigt haben, dass man sie deshalb auch als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB einstufen kann. Dafür ist eine gewisse Regelmäßigkeit erforderlich, die weit über die Definition von AGB hinausgeht.

  3. phw

    Auch aus meiner Sicht scheint der Schlüssel zu einer angemessenen Lösung des Problems auf der Stufe der Auslegung des Gewährleistungsausschlusses zu liegen, wie dies bereits in der Diskussion hier und zu dem zitierten Blog-Eintrag angesprochen wurde.

    Die Alternative einer Einschränkung des AGB-Begriffs, um die problematischen Fälle auszufiltern, scheint mir nicht gangbar. Bei Privatpersonen, die zwar mehrfach, aber nicht regelmässig Waren über eBay verkaufen, passt die Definition des § 305 I BGB für allgemeine Geschäftsbedingungen sowohl vom Wortlaut als auch vom Sinn und Zweck der Vorschrift her. Letzteres ergibt sich m.E. nicht zuletzt aus dem hier bereits zuvor in der Diskussion erwähnten Umstand, dass eine individuelle Verhandlungsmöglichkeit vor Vertragsabschluss bei eBay-Auktionen schon prinzipbedingt nicht gegeben ist: Die für AGB typische Alternativenlosigkeit für den Kunden ist dann offensichtlich gegeben und begründet grundsätzlich seine Schutzwürdigkeit.

    Klar erscheint mir ferner, dass die hier zu untersuchenden Formulierungen eines Gewährleistungsausschlusses nach § 309 Nr. 7 lit. a und lit. b BGB unwirksam sein müssen, wenn man sie denn als umfassenden Ausschluss auslegt, so dass auch die Rechte nach § 437 Nr. 3 BGB erfasst sind.

    Zwischen diesen beiden Punkten bleibt m.E. in der Tat als „Stellschraube“ nur eine „verkäuferfreundliche“ Auslegung der fraglichen Klauseln, um einen vernünftigen Interessenausgleich zu bewerkstelligen, der v.a. den Verkäufern keine unrealistischen Hürden für die Klauselformulierung auferlegt. Ich bin jedoch nach dem von Ihnen besprochenen Urteil des BGH vom 19.9.2007 etwas skeptisch, dass der BGH diesen Weg mitgehen wird.

    Gegen eine „verkäuferfreundliche“ Auslegung durch den BGH spricht nämlich, dass er bereits in der Entscheidung vom 19.9.2007 die Unwirksamkeit gegenüber Unternehmern auf einer (nicht eingehend begründeten) Unwirksamkeit der Klausel gegenüber Verbrauchern aufbaut. Man könnte nun für die Zukunft den Schluss ziehen, dass eine solche Klausel gegenüber Verbrauchern ohne weiteres unwirksam sein muss — schliesslich war diese Annahme Grundlage der Entscheidung vom 19.9.2007. Einen solchen „Kurzschluss“ fördert auch, dass die verwendeten Klauseln m.E. ihrem Wortlaut nach eindeutig so formuliert sind, dass sie alle Varianten des § 437 BGB erfassen.

    Vor diesem Hintergrund wird es darauf ankommen, ob der BGH in zukünftigen Entscheidungen neben der Differenzierung, ob eine Klausel *gegenüber* einem Verbraucher oder Unternehmer verwendet wird, bei der Auslegung der Klauseln danach unterscheidet, wer im Einzelfall *Verwender* ist: Ein Unternehmer oder ein Verbraucher. Hier dürfte sich u.U. genügend Freiraum bieten, um ein interessengerechtes Ergebnis zu erzielen.

    Insofern bestünde nämlich m.E. bei der Auslegung einer Ausschlussklausel die Möglichkeit, zwischen diesen beiden Gruppen zu unterscheiden: Der Erklärungsempfänger wird bei einem Unternehmer ohne weiteres unterstellen, dass dieser sich über die Rechtslage umfassend informieren kann und daher eine dem Wortlaut nach alle Nummern des § 437 BGB erfassende Klausel auch mit dieser Wirkung ausstatten möchte — sonst hätte er eine der Rechtslage entsprechende Einschränkung formuliert. Insoweit würde sich dasselbe ergeben, wie bei der üblichen „kundenfeindlichen“ Auslegung. Ist der Verkäufer jedoch seinerseits Privater, dann stellt sich m.E. das Verständnis des Erklärungsempfängers anders dar: Ihm ist bewusst, dass der Klauselverwender zu einer umfassenden Rechtsprüfung für ein Gelegenheitsangebot nicht in der Lage ist und mit der Klausel lediglich jene Gewährleistungsrechte ausschliessen möchte, die er auch tatsächlich rechtswirksam ausschliessen kann — und hiervon sind die Rechte nach § 437 Nr. 3 wegen § 309 Nr. 7 lit. a und lit. b BGB nur teilweise erfasst. Eine derart unter Berücksichtigung der Situation des Verkäufers ausgelegte Klausel würde die anschliessende Prüfung nach §§ 307 ff. BGB dann überstehen.

    Voraussetzung für eine solche „verkäuferfreundliche“ Auslegung ist freilich, dass für den Kunden erkennbar ist, dass es sich bei dem fraglichen Verkäufer um eine Privatpersonen handelt — nur dann kann dieser Umstand vom Empfängerhorizont aus berücksichtigt werden.

    Mir ist bewusst, dass diese Vorgehensweise vom Ergebnis her auf dasselbe hinausläuft wie eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel, wenn man diese vom Wortlaut her so auffasst, dass sie alle Nummern des § 437 BGB erfasst. Die vorgeschlagene Vorgehensweise unterscheidet sich von einer geltungserhaltenden Reduktion jedoch dadurch, dass sie schwerpunktmässig nicht die Sanktion der Klauselunwirksamkeit unterlaufen will, sondern einem faktischen Unvermögen des Privatanbieters zur umfassenden Rechtsprüfung Rechnung trägt und schliesslich von der Erkennbarkeit der privaten Natur des Angebots abhängig ist.

    Ich würde mich freuen, wenn ich mit meinen Ausführungen einen kleinen Beitrag zur Diskussion leisten konnte.

    Mit freundlichen Grüssen,

    phw