Können Sie Mathe? Nein, können Sie Gewinnspiel?

von Ulrich Wackerbarth

Ich löse immer gerne die Matheaufgabe in der wöchentlichen Beilage zu unserer Tageszeitung, ohne freilich an dem damit einhergehenden Gewinnspiel teilzunehmen. Letzte Woche war dort folgende Aufgabe:

Drei Ehepaare treffen sich einmal in der Woche zu einer zünftigen Runde Skat. Jeweils drei Personen spielen miteinander und bilden eine Gruppe. Da es aber unter den Ehepaaren immer besonders schnell zu einem Streit kommt, wenn sie zusammen in einer Gruppe spielen, soll das unbedingt vermieden werden.

Frage: Wie viele Möglichkeiten gibt es, die beiden Gruppen mit unterschiedlichen Personen zu besetzen?

Das sieht nach einem Problem aus der Kombinatorik aus. Da die Eheleute nicht miteinander spielen dürfen, gibt es genau 4 Möglichkeiten, die beiden 3er Gruppen unterschiedlich zu besetzen. Man kann sich das ganz leicht klar machen: Der erste Ehemann spielt entweder mit den beiden anderen Ehemännern, oder mit beiden anderen Ehefrauen oder aber mit dem zweiten Mann und der dritten Frau oder mit der zweiten Frau und dem dritten Mann. Mehr Varianten gibt es nicht. Steht die eine Gruppe fest, ergibt sich die zweite automatisch.

Spasseshalber habe ich mir heute morgen die Lösung des Problems angeschaut. Und da war ich über die Antwort dann doch überrascht:

Antwort: 8

Erklärung: Bei drei Ehepaaren muss man von jedem Paar einen Partner wählen, also hat man 2 mal 2 mal 2 gleich 8 Möglichkeiten.

Und nun die juristische Preisfrage: Muss der Gewinnspielveranstalter die Verlosung der Gewinne (von 3 x 100 €) wiederholen, weil er das Preisgeld ja nun offensichtlich an drei Einsender einer falschen Lösung ausgezahlt hat? (Schöne Frage für die mündliche Prüfung übrigens).

P.S.: Falls ich mich selbst verrechnet haben sollte, bitte ich um Hinweise.

10 Reaktionen zu “Können Sie Mathe? Nein, können Sie Gewinnspiel?”

  1. RA Munzinger

    Also
    A1-A2, B1-B2, C1-C2 müssen aufgeteilt werden:

    A1 B1 C1 = A2 B2 C2
    A1 B2 C2 = A2 B1 C1
    A1 B1 C2 = A2 B2 C1
    A1 B2 C1 = A2 B1 C2

    Wenn jetzt alle 6 parallel spielen, ergeben sich in der Tat nur 4 Möglichkeiten. Wird sukzessiv durchgespielt und paussieren immer drei, ergeben sich 8 Kombinationsmöglichkeiten.
    Nach dem Wortlaut der Fragestellung tendiere ich ebenfalls zur Lösung: “ 4″

    Zur Frage: Nein. Die Aufforderung zur Teilnahme an einem Gewinnspiel beinhaltet noch kein einklagbares Gewinnversprechen i.S § 661a BGB. Es gilt m.E. § 762 BGB.

  2. Prof. Wackerbarth

    Sehr geehrter Herr Munzinger,
    zunächst Danke für die Zustimmung zur Lösung. Was die rechtliche Seite angeht, stimme ich Ihnen in Bezug auf § 661a BGB zu, nicht aber, was § 762 BGB angeht. Handelt es sich nicht vielmehr um ein Preisausschreiben iSv. § 661 BGB? Nach Abs. 1 war das Preisausschreiben wohl gültig, nach Abs. 3 iVm. § 659 Abs. 2 Satz 2 darf das Los doch wohl nur unter den richtigen Lösungen entscheiden, oder? Ich hab bisher noch in keinen BGB-Kommentar geschaut, bin aber gespannt, ob hier noch jemand seine Meinung äußert.
    Freundliche Grüße
    U.Wackerbarth

  3. Fischer

    Da hat sich die Zeitung eindeutig verrechnet. Wie Sie schon sagten, ergibt sich die Festlegung der 2. Gruppe logischerweise aus der Festlegung der Mitglieder der 1. Gruppe. Insofern kann es nur 4 Möglichkeiten geben!

    Was die Neuauslobung der 3x 100 € betrifft, so stellt sich die spannende Frage, ob die Auszahlung der Gewinne verbindlich ist.

    Zunächst handelt es sich um ein Preisausschreiben nach § 661 I BGB. Es findet eine Auslobung statt, die eine Preisbewerbung zum Gegenstand hat. Gemäß § 661 III BGB richtet sich die Zuerteilung der Preise nach den Vorschriften des § 659 II BGB. Dort findet sich in § 659 II S. 2 BGB folgender Wortlaut:

    “ Läßt sich die Belohnung wegen ihrer Beschaffenheit nicht teilen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur einer die Belohnung erhalten, so entscheidet das Los. “

    Vorliegend gibt es also 3 Gewinner die je 100 € bekommen!

    Fraglich ist nun, ob die Gewinnauszahlung, trotz des Fehlers in der Lösung, verbindlich ist. § 661 II S. 2 BGB scheint dem Wortlaut nach eindeutig: Die Entscheidung ist für die Beteiligten verbindlich. Auch ein systematisches Argument spricht für diese Verbindlichkeit: Bei § 660 I S.2 handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, für den Fall, dass die Verteilung offenbar unbillig ist.

    Das es die Möglichkeit gibt, solche Ausnahmen zuzulassen, sind aufgrund dieser Vorschrift eindeutig. Das es im Rahmen des § 661 BGB keine solche Norm gibt, spricht für die entgültige Verbindlichkeit der Norm, denn auch dort hätte man eine Ausnahme zulassen können. Eine sachliche Überprüfung findet damit auch bei unrichtigen Lösungen nicht statt. Der Veranstalter muss die Verlosung der Gewinne nicht wiederholen.

    Mfg

  4. Fischer

    Da gab es doch zwei Kommentare, während ich geschrieben habe! 😉

    Kleiner Zusatz: Geht es bei § 659 II S. 2 nicht nur um die Aufteilung der Belohnung (keine Aufteilung aufgrund der Beschaffenheit Alt. 1; aufgrund des Inhalts der Auslobung nur eine Person Alt. 2) und nicht um die inhaltliche Richtigkeit der Gewinnverteilung?

    Natürlich kann man nun sagen, dass eine richtige Lösung die Grundlage bildet für die richtige Verteilung, allerdings würde man dann den § 661 II S.2 BGB umgehen. Denn die Entscheidung wäre dann nie verbindlich, weil ja keine richtige Lösung zum Zeitpunkt der Verteilung vorlag. Diese Argumentation scheint mir auch aufgrund der oben genannten Argumente nicht richtig. 🙂

    Freundliche Grüße

  5. Prof. Wackerbarth

    Zunächst einmal muss man hier zwei Fragen unterscheiden: Die eine ist, ob die Gewinner ihre Gewinne behalten können, das mag ja sein, die haben vielleicht Glück gehabt.

    Eine andere Frage ist aber doch, ob der Veranstalter noch einmals 3 x 100 € verlosen muss, diesmal unter den richtigen Einsendungen. Schließlich hat er hier den Fehler gemacht, und die Einsender der richtigen Lösung mussten immerhin 50 ct für die Sms zahlen oder eine teure Telefonnr. anrufen.

    Ihr Argument mit § 660 kann ich nicht nachvollziehen. Diese Vorschrift bezieht sich doch auf einen Fall, in dem es um eine von vornherein unter Billigkeitsgesichtspunkten stehenden Verteilung der ausgelobten Belohnung nach Erfolgsanteilen geht. Eine solche Entscheidung ist immer streitträchtig, so dass die Überprüfung der Entscheidung durch Urteil in jedem Falle naheliegt. In unserer Konstellation geht es dagegen um die Frage richtige oder falsche Lösung. Systematische (Umkehr-)Schlüsse sind insoweit hier unzulässig.

  6. Fischer

    Das systematische Umkehrschlüsse hier nicht zulässig sind, ist mir nicht einleuchtend. Wenn es doch bei Entscheidungen, die unter Billigkeitsgesichtspunkten getroffen werden, eine Überprüfbarkeit gibt, dann kann es eben bei Entscheidungen, die sich nur auf das „Richtig/Falsch“ einer Lösung beziehen, keine spätere Überprüfung mit der Folge der Neuverteilung geben.

    Zudem ist der Wortlaut des § 661 II S.2 trotz allem eindeutig. Und auch das Argument des § 596 II S. 2 scheint mir nicht zu passen (s.o.), dort geht es nicht um die inhaltliche Richtigkeit, sondern um die rein formelle Verteilung.

  7. Prof. Wackerbarth

    Ich will noch einmal langsam zum Mitschreiben versuchen, die Unzulässigkeit des Schlusses zu erläutern: § 660 Abs. 1 S. 2 gilt für die Auslobung, nicht für das anders gelagerte Preisausschreiben. Schon von daher sind Rückschlüsse für § 661 fragwürdig. Zum zweiten ist § 660 Abs. 1 S. 2 eine Norm, die die gerichtliche Überprüfbarkeit einer Verteilungsentscheidung anordnet, wenn bereits feststeht, dass die Subjekte, unter denen zu verteilen ist, die Voraussetzungen für die Verteilung erfüllen. Eine solche gesetzliche Anordnung besagt nichts, aber auch gar nichts darüber, inwieweit ein Streit über die Voraussetzungen der Verteilung selbst gerichtlich ausgetragen werden kann. Genau um dieses, nämlich die Voraussetzungen für den Losentscheid, geht es in unserer Fallkonstellation.
    Und noch einmal zu § 661 II S. 2: Der ist eindeutig nur für den Fall, dass noch eine Entscheidung über die Vorzugswürdigkeit der Bewerbungen zu fällen ist. Darüber, welche Einsendung preiswürdig ist, hat doch hier der Veranstalter schon vorher eine Entscheidung getroffen: nämlich nur die richtigen Einsendungen sind preiswürdig. Kann er diese Entscheidung später rückgängig machen und einfach falsche Lösungen als preiswürdig ansehen? Gilt da nicht das Verbot des „Venire contra factum proprium“? Ich glaube schon! Und auf mein Verschuldensargument sowie die Geldinvestition der Einsender der richtigen Lösung gehen Sie gar nicht ein.

  8. MaxR

    Nach meinen Erfahrungen werden ohnehin alle Einsendungen in einen großen Pott geworfen – ob die Lösung richtig ist, interessiert Keinen.
    Mir schon passiert: Bewußt grottenfalsche, geradezu hirnrissige Lösung abgegeben – plötzlich steht die Lokalpresse mit Fotograf vor der Tür, um mir den zweiten Preis zu überreichen. Oder man hat mir den Sonderpreis für kreativen Dada verliehen und ich habs nicht mitgekriegt.

  9. Fischer

    Noch einmal zum „fragwürdigen“ Rückschluss: Bei § 660 BGB geht es um die Verteilung der Belohnung unter mehreren erfolgreichen Bewerbern. Natürlich geht es da um die „Auslobung“, den in diesem Unterabschnitt (Titel 11.) befindet sich ja § 660 – ebenso wie die „anders gelagerte“ Norm des § 661 BGB. Denn auch bei § 661 BGB geht es um die Auslobung innerhalb der speziellen Situation des Preisausschreibens. Mir ist bewusst, dass § 661 BGB und § 660 BGB unterschiedliche Anwendungsbereich haben, nur ich sehe nicht, warum deshalb ein Umkehrschluss unzulässig sein soll.

    Wenn die bevorzugten Bewerber iSd. § 661 feststehen, dann gibt es keine Überprüfung. Wenn aber innerhalb dieser Bewerber 2 Personen auf eine Bewerbung kommen, so gibt es eine Ausnahmevorschrift. Da systematisch zu argumentieren scheint mir in Ordnung.

    Zu § 661 II S. 2: Wenn feststeht, „welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient“ haben, so ist diese Entscheidung nach § 661 II S. 2 verbindlich ist. Der Veranstalter hat vorher eine Entscheidung getroffen: In diesem Fall war die Entscheidung, dass 8 die richtige Lösung ist! Danach wurde der Gewinn verteilt. Die Entscheidung ist bindend! Der Wortlaut lässt da meiner Meinung nach keine Ausnahmen zu.

    Natürlich kann man über eine Ausnahme nach dem oben von ihnen genannten Grundsatz über § 242 BGB nachdenken. Diese ist aufgrund der doch erhöhten Missbrauchsgefahr solcher „Veranstalter“ sicherlich vernünftig. Allerdings würde ich eine solche Ausnahme hier nicht annehmen, denn von bewusstem Missbrauch kann hier keine Rede sein. Wie Herr Munziger oben schon bemerkt, es gibt noch die Möglichkeit die Lösung 8 als „richtig“ anzuerkennen. Insofern halte ich eine Lösung über § 242 BGB hier nicht für notwendig. Auch vom Wortlaut und der Systematik der §§ 657 ff. gibt es eine solche Ausnahme einfach nicht.

    Bei den Geldinvestitionen der Einsender handelt es sich bei den o,50 € um freiwillige Aufwendungen. Die Einsender haben die Kosten für die Briefmakre/SMS/Anruf ja freiwillig freiwillig getätigt. Ein Schadenersatzanspruch kommt dafür nicht in betracht.

    Als Schadensposition könnte man höchstens die ausbleibende Gewinnchance aufgrund der falschen Lösung annehmen. Aber wie berechnet sich diese? Welcher Betrag ist anzusetzen? 50 Cent? Oder kommt es auf die Anzahl der Einsender im Verhältnis zu den 300 € Gewinnausschüttung? Diesen Betrag zu beziffern, dass fällt mir schwer!

    Dass der Veranstalter hier zumindest fahrlässig gehandelt hat, sehe ich auch ein. Insoweit stimme ich ihnen zu. Für die Überprüfung der Entscheidung spielt dies meiner Ansicht nach aber keine Rolle.

  10. Prof. Wackerbarth

    O.K., nehmen wir also an, die Veranstalter unterscheiden hier de facto nicht zwischen richtigen oder falschen Lösungen. Genau dies wird aber in der Ausschreibung angekündigt! Dann war die Preisausschreibung irreführend, da man nach der Ankündigung ja davon ausgehen durfte, man könne den großen Pott, in den man zur Verlosung geworfen wird, durch die richtige Lösung verkleinern. Muss der Veranstalter dann nicht gleichwohl noch einmal verlosen (diesmal nur unter den richtigen Einsendungen) oder sämtlichen Einsendern (was für ihn sehr teuer werden könnte) die Kosten für die Teilnahme erstatten?