Besonders strenge Kapitalerhaltung in der UG (haftungsbeschränkt)
von Ulrich Wackerbarth
Unter dem Titel „Das neue Deckungsgebot und Leistungen causa societatis nach § 30 Abs. 1 GmbHG“ beschäftigt sich Eusani in der aktuellen GmbHR 2009, S. 512ff. mit den Änderungen des Kapitalerhaltungsrechts in der GmbH durch das MoMiG. Eusani geht es vor allem um die Kontrolle von Austauschgeschäften zwischen GmbH oder Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) und ihrem Gesellschafter. Durch unfaire Bedingungen zulasten der Gesellschaft können dabei verdeckte Vermögensverlagerungen stattfinden, die gegen das Gebot der Kapitalerhaltung verstoßen können. Eusani vertritt eine Beschränkung der Kapitalerhaltung auf die Frage der Vermögensmessung. Und der Beitrag enthält eine interessante Rechtsfortbildung für die neue Unternehmergesellschaft. Seine gut begründeten und nachvollziehbaren Thesen seien hier kurz zusammengefasst (und kommentiert):
1. Die Frage, ob eine Auszahlung vorliegt, wird bei Austauschgeschäften ohne Kreditelement künftig allein durch den Drittvergleich beantwortet. Wenn die Leistung an den Gesellschafter über dem Wert der Gegenleistung des Gesellschafters liegt (bewertet zu Marktwerten), liegt eine Auszahlung vor, andernfalls nicht (Das war bislang auch so).
2. Die Auszahlung ist erlaubt, wenn die GmbH nicht in der Unterbilanz ist und durch die Auszahlung auch nicht in die Unterbilanz kommt (Auch das ist nicht neu).
3. Liegt keine Auszahlung vor, ist das Austauschgeschäft stets zulässig, auch wenn die Gesellschaft betriebsnotwendiges Vermögen an den Gesellschafter weggibt. Allerdings kann die Weggabe betriebsnotwendigen Vermögens an den Gesellschafter zur Existenzvernichtungshaftung führen (Das ist neu und m.E. richtig: Die Frage, ob die Gesellschaft einen bestimmten Vermögensgegenstand benötigt oder nicht, ist keine Frage der bilanziellen Vermögensmessung und daher nicht von § 30 GmbHG erfasst. Wohl aber kann in der Änderung der Zusammensetzung des Vermögens eine Pflichtverletzung liegen, für die Gesellschafter und/oder Geschäftsführer nach § 826 BGB oder nach § 64 GmbHG haften).
4. Liegt eine Auszahlung vor, so ändert die Tatsache, dass sich die Gesellschaft von der Auszahlung anderweitige Vorteile verspricht, nichts an dem Verbot dieser Zahlung durch § 30 GmbHG (Das korrespondiert mit Punkt 3).
5. Bei der UG (haftungsbeschränkt) ist eine nach den Punkten 1 und 4 bestimmte Auszahlung abweichend von Punkt 2 stets verboten, also auch dann, wenn die Gesellschaft nicht in der Unterbilanz ist. Als Grund führt Eusani an, dass andernfalls durch verdeckte Vermögensverlagerungen die Regelung über die Zwangsrücklage (§ 5a Abs. 3 GmbHG) umgangen werden könnte.
Das ist neu und im Grundsatz zustimmungswürdig. Allerdings habe ich Zweifel, ob diese an die Aktiengesellschaft angenäherte strenge Vermögensbindung in der UG tatsächlich, wie Eusani meint, bis zum Zeitpunkt der „Umwandlung“ der UG in eine GmbH gem. § 5a Abs. 5 GmbHG n.F. gelten muss, sprich, bis zu einer Erhöhung des Stammkapitals auf mindestens 25.000 €. M.E. reicht es aus, den strengen Drittvergleich nur solange durchzuführen, bis das Stammkapital der UG und die Zwangsrücklage zusammengerechnet (sozusagen die „Stammrücklage“ der UG) den Betrag des Mindeststammkapitals von 25.000 € erreicht haben. Ab diesem Zeitpunkt sollte man verdeckte Ausschüttungen wieder zulassen, solange die „Stammrücklage“ der GmbH nicht unterhalb der Schwelle von 25.000 € gerät. Denn immerhin widerspricht die rechtsfortbildende Überlegung Eusanis zunächst einmal dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 GmbHG (der ausdrücklich nur auf das Stammkapital abstellt). Sie ist letztlich nur durch die Regelung über die Zwangsrücklage gerechtfertigt. Diese Zwangsrücklage soll zwar nach der Regelung in § 5 a Abs. 5 GmbHG auch nach Erreichen von 25.000 € noch so lange weiter gebildet werden, bis das Stammkapital auf einen Betrag oberhalb des Mindestkapitals erhöht wurde. Der Umgehungsgedanke trägt aber gleichwohl nur bis zum Betrag des Mindestkapitals gem. § 5 Abs. 1 GmbH, wie auch Eusani, GmbHR 2009, 516 selbst sagt: Der strenge Drittvergleich ist der „Preis für den Verzicht auf ein Mindestkapital“ in der UG (haftungsbeschränkt). Rechtspolitisch wäre die Auffassung von Eusani indessen vorzugswürdig, da sie die Gesellschaften zwingt, sich zum zu schützenden Stammkapital ausdrücklich zu erklären.