Autoverkauf und „Anlegerberatung“
von Ulrich Wackerbarth
In die gleiche Richtung wie der hier bereits kritisierte Beitrag von Jahn geht nun der Aufsatz von Spindler: „Aufklärungspflichten eines Finanzdienstleisters über eigene Gewinnmargen? – Ein „Kick-Back“ zu viel“ in WM 2009, Heft 39, S. 1821 ff.
Spindler behauptet, es sei ein Widerspruch, dass der BGH auf der einen Seite eine Bank auch nur konzerneigene Produkte anbieten lasse (weil der Anleger das vernünftigerweise erwarten müsse), auf der anderen Seite aber verlange, es müsse über das Ausmaß des dabei in Rede stehenden Eigeninteresses aufgeklärt werden (aaO. S. 1823). Spindler meint, dem vernünftigen Anleger müsse doch auch klar sein, dass die Bank an dem Vertrieb eigener Produkte ein Eigeninteresse hat. Warum also noch über dessen Ausmaß aufklären?
Ich würde dem allenfalls dann zustimmen, wenn die Bankkunden sich darüber im Klaren sind, dass sie es nicht mit einer Beratung, sondern mit einem reinen Verkaufsgespräch zu tun haben, und wenn sie das verkaufte Produkt in gleicher Weise auch in der nächsten Filiale einer anderen Bank erwerben können, es also Wettbewerb gibt. Die seriöse Atmosphäre und die Tarnung des Verkaufsgesprächs als „Beratung“ erzeugen hingegen bei den Kunden (ggf. unberechtigtes) Vertrauen und verlangen nach einer Kompensation – und zwar eben in Form einer Offenlegung des „Wieviel“.
Nach Spindler rechtfertigt dagegen das der Bank entgegengebrachte Vertrauen allenfalls eine Aufklärung über den Informationsvorsprung des Finanzdienstleisters gegenüber dem Kunden (aaO., S. 1825). Gehe es aber um Interessenkollisionen, müsse der Rechtscharakter des Grundgeschäfts durchschlagen. Und dieses ist seiner Meinung nach ein Austauschgeschäft, bei dem es zivilrechtlich nachgerade selbstverständlich sei, dass beim Vertrieb eigener Produkte der Kunde nicht darauf hingewiesen werden muss, mit der Empfehlung auch eigene Interessen zu verfolgen.
Selbst wenn man die Aufklärungspflicht als richtig unterstelle, müsse sie mit vergleichbaren Fallkonstellationen abgeglichen werden, so etwa mit einem Händler mit verschiedenen Produkten. Dort gebe es aber auch keine Aufklärungspflichten über die eigene Gewinnmarge. Damit vergleicht Spindler den Vertrieb von Finanzprodukten mit dem Kauf eines Fahrzeugs beim Autohändler oder eines Fernsehers im Technik-Markt um die Ecke. Gerade dieser Vergleich aber beschreibt eine Anlageberatung in einer Bank m.E. nur höchst unvollkommen.
Die Umstände der institutsinternen Anlageberatung und das verkaufte Produkt selbst (dazu auch hier unter 2.) widersprechen der These, dass es hier um „Verkaufsgespräche“ geht. In aller Regel erfährt man gar nicht, dass vorrangig oder nur bankeigene Produkte angeboten werden. Und selbst wenn man es erfährt, so ändert das nichts daran, dass man sich doch in erster Linie beraten lassen will und die Bank nichts dafür tut, an diesem Eindruck etwas zu ändern. Wenn also nach Spindler statt einer Beratung in Wahrheit doch nur Verkaufsgespräche stattfinden, dann muss die Atmosphäre in der Bank auch entsprechend sein. Warum sehe ich keine Werbeprospekte („Wir feiern den 1.000. Anleger und reichen unsere Fondsanteile jetzt 25% günstiger an Sie weiter“ oder „Kaufen Sie drei Zertifikate zum Preis von zweien“)? Am besten gefiele mir noch „Nur diese Woche 0% Zinsen auf alle unsere Finanzprodukte!“