Frauen in Führungspositionen oder: Wie Männer sich Diversity vorstellen

von Ulrich Wackerbarth

Manchmal kreißt der Berg und gebiert eine Maus. Ein Beispiel ist die Verlautbarung des erlesenen Roundtable des Berlin Center of Corporate Governance, ein Autorenkollektiv aus 22 Männern (!) im aktuellen Der Betrieb 2010, S. 2786 ff. Die dort zu findenden 10 Thesen sind aus meiner Sicht so nichtssagend gehalten, dass man sie auch gezielt missverstehen kann. Das soll nachfolgend geschehen.

„These 1: Die Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen ist wichtiger Baustein eines modernen Diversity-Managements.“

Ansonsten aber ist ihre Berücksichtigung unwichtig. Wir brauchen Frauen nur, solange Diversity nicht durch andere Minderheiten im Organ sichergestellt ist.

„These 2: Für die Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen können gesellschaftspolitische und betriebswirtschaftliche Gründe sprechen.“

In aller Regel sprechen diese Gründe aber gegen eine Berücksichtigung von Frauen.

„These 3: Aus Sicht guter Corporate Governance empfiehlt sich die Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen, soweit sie im Unternehmensinteresse liegt.“

Und was im Unternehmensinteresse liegt, bestimmen immer noch wir Männer.

„These 4: Die stärkere Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen ist schon angesichts der demographischen Entwicklung ein Gebot betriebswirtschaftlicher Vernunft. Sie kann aber ferner auch deshalb im Unternehmensinteresse liegen, weil die Ausschöpfung des spezifischen Qualifikationspotenzials weiblicher Führungskräfte die Qualität der Unternehmensführung verbessern kann.“

Ohne Frauen überlebt die Welt kaum. Wenn wir sie deshalb aber auch aus den Unternehmen nicht völlig fernhalten können, dann wollen wir zumindest einmal zusehen, wie wir ihre Soziakompetenz am besten ausbeuten können. Freut Euch schon mal drauf: Die nächste Rationalisierungsmaßnahme verkündet Ihr der Belegschaft!

„These 5: Eine ausreichende Qualifikation für ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmandat ist conditio sine qua non guter Corporate Governance.“

Vitamin B reicht bei Euch jedenfalls nicht!

„These 6: Bei der Berufung von Frauen in Unternehmensorgane ist zu beachten, dass sich die Anforderungen an Vorstände und Aufsichtsräte unterscheiden.“

Glaubt ja nicht, ihr könntet wirklich mal etwas zu sagen haben.

„These 7: Eine ausreichende Qualifikation für eine Vorstandstätigkeit bedingt in aller Regel eigene Erfahrungen in gehobenen Führungspositionen. Die angemessene Berücksichtigung von Frauen auf allen Leitungsebenen der Unternehmenshierarchie bildet daher das Fundament der Förderung ihrer Repräsentanz im Vorstand.“

Eure Lebenserwartung ist ohnehin höher als die der Männer. Bevor wir Euch also jemals in den Vorstand wählen, müsst Ihr mindestens ein halbes Jahrhundert als Abteilungsleiterin gebuckelt haben.

„These 8: Eine ausreichende Qualifikation für ein Aufsichtsratsmandat kann auf verschiedenen Kompetenzen beruhen und setzt nicht zwingend eigene Erfahrungen im Topmanagement voraus.“

Wenn sie hübsch ist und gut Kaffee kochen kann, darf der ehemalige Vorstand seine Sekretärin auch mit in den Aufsichtsrat nehmen.

„These 9: Die angemessene Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen erfordert sowohl gesellschaftliche Veränderungen als auch betriebswirtschaftliche Maßnahmen der einzelnen Unternehmen.“

Solange nicht genügend Kindergartenplätze da sind, werden wir dafür sorgen, dass Frauen selbst nach dem Klimakterium weder in den Aufsichtsrat noch in den Vorstand kommen.

„These 10: Aufgrund der heutigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wie auch der betrieblichen Gegebenheiten kann eine angemessene Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Unternehmensorganen nur in einem evolutionären Prozess erfolgen. Die Unternehmen müssen hier künftig allerdings eine noch aktivere Rolle übernehmen.“

Es wird noch gaaaanz lange dauern.

Eine Reaktion zu “Frauen in Führungspositionen oder: Wie Männer sich Diversity vorstellen”

  1. Marcel Schindler-Weiss

    Zurecht wurde m.E. zwar keine starre Frauenquote in den DCGK aufgenommen, dennoch sollte der Aufsichtsrat künftig selbst eine Ziel- Quote für Frauen in Aufsichtsräten festlegen, denn ansonsten wird die Tz. 5.4.1 Satz 3 DCGK zwangsweise ins Leere laufen. Einen ersten postiven Ansatz gab es ja bereits von der Deutschen Telekom, die als erstes Dax-30 Unternehmen eine Frauenquote einführte.
    Ich weiß nicht wieso die Männerwelt sich so vor Frauen in Führungspositionen fürchtet, dies ist hinterwäldlerisch und bedarf dringend einer Änderung.