Regelkreise bei der Treuhand
von Ulrich Wackerbarth
Ein wirklich lesenswerter Beitrag mit dem Titel „Die Treuhand im Gesellschaftsrecht – ein Überblick vertieft anhand von Einzelfällen “ ist Gebke in der aktuellen GmbHR 2014, 1128 ff. gelungen. Wer etwas über treuhänderisch vermittelte Beteiligungen an Gesellschaften erfahren möchte und nicht gleich eine Habilitationsschrift dazu lesen will, dem sei dieser Aufsatz dringend zur Lektüre empfohlen.
Ein Artikel mit ? wie man so schön sagt ? besonders hoher Informationsdichte. Hier sitzt jeder Satz und man muss aufpassen, dass man vom Informationszug nicht überrollt wird (den Textabschnitt zwischen den Fn. 26 und 31 habe ich dreimal lesen müssen, bis ich ihn nachvollziehen konnte, das lag aber an mir, nicht am Autor). Gebke zeichnet ein differenziertes Bild, ohne unzulässig zu pauschalieren und ohne nicht mehr praktizierbare Komplikationen. Seine Ausführungen könnten Bedienungsanleitung für künftige Urteile sein. Man kann nur hoffen, dass dieser Aufsatz auch von Richtern gelesen und beherzigt wird.
Verf. entwickelt einen eigenen Ansatz, um die schwierigen Probleme bei Treuhandverhältnissen in ein griffiges Konstrukt zu bringen: Je nach Ausgestaltung des Treuhänders als Gesellschaft oder nicht hat man mit dem Treuhandvertrag, dem Gesellschaftsrecht der Hauptgesellschaft und dem Gesellschaftsrecht des Treuhänders bis zu drei sog. Regelkreise. Diese sind rechtlich getrennt, aber wirtschaftlich verbunden. Man kann sich die Regelkreise wie Zahnräder vorstellen, die ineinandergreifen. Mich hat das Denken in „Regelkreisen“ vollkommen überzeugt und so ausgearbeitet habe ich das vorher auch noch nicht gelesen (was wiederum an mir liegen mag). Gebkes Ansatz lässt gleichwohl noch Raum für Abwägung und Kontrolle, aber er verbietet bestimmte Gedankensprünge und verlangt also Begründungen, und er gebietet die Berücksichtigung bestimmter Argumente.
Aus der Trennung der Regelkreise folgt etwa: Auch wenn der Treugeber im Regelkreis mit dem Treuhänder Freistellung oder eine Regressmöglichkeit vereinbart hat, falls der Treuhänder von Gläubigern der Gesellschaft in Anspruch genommen wird, so besagt das noch nichts für die Frage, ob der Treugeber im Regelkreis der Gesellschaft, nämlich im Innenverhältnis zu Organen der Gesellschaft wie ein Gesellschafter zu behandeln ist.
Wer andererseits als Treugeber in einer bestimmten Hinsicht gerne wie ein Gesellschafter behandelt werden möchte (wieder durch die Einräumung von Freistellungsansprüche an den Treuhänder) und insoweit aktiv den schuldrechtlichen Regelkreis mit dem Treuhänder verlässt und sich in den Regelkreis der Gesellschaft begibt, der darf sich nicht wundern, wenn er später gegen derartige Freistellungsansprüche des Treuhänders nicht Gegenrechte aus dem Treuhandvertrag einwenden kann, z.B. Ansprüche aus Prospekthaftung.
Allerdings übersieht Gebke an dieser Stelle m.E., dass dem „Wechsel des Regelkreises“ in den hier einschlägigen Fällen keinerlei formale Hürden im Weg standen (anders als wenn sich der Treugeber unmittelbar an der Gesellschaft beteiligt, Handelsregister) und das Verlassen des Regelkreises vom Treuhänder ausging. Der Vorgang kann daher nicht allein dem Treugeber in die Schuhe geschoben werden, dem – anders als dem Treuhänder und der Gesellschaft selbst – in aller Regel gar nicht klar ist, das sie „ihren Regelkreis verlassen“. Und, wie in diesem Beitrag bereits näher erläutert, schon gar nicht darf über das Verbot von Aufrechnungsmöglichkeiten die gesetzliche Prospekthaftung eingeschränkt werden.
Aber auch wenn ich Gebke in der Entscheidung dieser Einzelfrage nicht folge, (ihm selbst geht es auch gar nicht um die Fälle selbst) so muss ich doch anerkennen, dass er hier ein hilfreiches Instrumentarium zur Analyse von Treuhandkonstellationen zur Verfügung gestellt hat: Respekt!