Racial profiling at the border
von RA Malte Menken
Einen interessanten Vortrag hielten Neil Graffin und Juan J. Garcia Blesa. Ihr genaues Thema lautete: Racial profiling at the border: Post-Brexit Northern Ireland and the EU’s External Border in the Western Mediterranean. Sie erläutern zuerst den Begriff des „racial profiling“ erläutert und grenzen ihn zum „ordinary criminally profiling“ ab. Während bei ersterem z. B. Polizeikontrollen nach rassischen, ethnischen, nationalen oder religiösen Merkmalen durchgeführt werden, wird bei letzterem ein Täterprofil erstellt, wobei auch weitere Merkmale berücksichtigt werden.
Die Referenten verweisen auf Untersuchungen, nach denen racial profiling tatsächlich in den Mitgliedstaaten der EU, an den EU-Außengrenzen und vor allem auch an Flughäfen praktiziert wird. U.a. werden Personen für Kontrollen nach den genannten Merkmalen ausgewählt. Die Referenten betrachten racial profiling zwar als Menschenrechtsverletzung, halten es aber gleichwohl für erlaubt, solange es nicht das ausschlaggebende Kriterium für die Kontrolle sei.
An der Grenze Irland/Nordirland können nach dem Brexit verschiedene Probleme entstehen. Zum einen sind Kontrollen dort schwierig einzurichten, da die Landgrenze mehr als 200 Grenzübergänge hat, die überwiegend kaum sichtbar sind (teilweise handelt es sich lediglich um unmarkierte Brücken, über die eine Straße führt). Zwischen Irland und Nordirland besteht ein Abkommen, nach dem die Grenze ohnehin ohne Pass überquert werden kann und es besteht daher die Gefahr, dass Irland genutzt werden könnte, um „durch die Hintertür“ nach Großbritannien einzureisen.
Verschiedene Lösungen kommen in Betracht. Zum einen bestehen die Möglichkeiten einer vollen Grenzkontrolle oder aber der Verzicht auf die Durchführung von Grenzkontrollen. Favorisierter Mittelweg ist eine Hybrid-Lösung, wonach kurze befristete Visa erteilt werden könnten, der Zugang zu Arbeitsmarkt und Wohnraum überwacht werden könnte oder einzelne Kontrollen bzw. Indentitäts-Checks durchgeführt werden könnten. Bei derartigen Kontrollen würde dann das Problem des racial profiling entstehen, da die zu kontrollierenden Personen vermutlich nach ethnischen Kriterien ausgewählt würden. Dies zeigten die Erfahrungen mit der „Operation Gull“, ein bereits bestehendes Programm zur Überwachung von Immigration. Es habe schon häufig Beschwerden gegen Mitarbeiter der Operation Gull gegeben.
Eine Parallele ziehen die Referenten zur Situation der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla, die beide eine Landgrenze zu Marokko haben. Dort wurde ein besonderes Grenzregime eingerichtet, das den in den angrenzenden marokkanischen Regionen Lebenden einen Grenzübertritt in die spanischen Exklaven ermöglicht (z. B. zum Arbeiten, Einkaufen, etc), eine freie Weiterreise innerhalb der EU jedoch nicht. Auch hier stelle sich jedoch das Problem des racial profiling, wenngleich nach offiziellen Angaben den dortigen Behörden keine Beschwerden vorliegen würden. Die Nachfrage bei dort tätigen NGOs ergebe jedoch ein anderes Bild.
Zum Abschluss weisen die Referenten darauf hin, dass racial profiling legal sei, solange die „racial criteria“ nicht ausschlaggebend für die Kontrolle sind. Dies sei eine Schwäche im System. Weiter sei eine unabhängige Beschwerdestelle für racial profiling-Fälle an den Grenzen zu den spanischen Exklaven einzurichten, damit nicht weiter so getan werden könne, als gäbe es das Problem dort nicht. Zudem sei – nicht nur an den spanischen Exklaven – ein entsprechendes Training der Polizei erforderlich. Es müsse das Bewusstsein für die eigene Entscheidungsfindung gestärkt werden, aber auch darauf hingewiesen werden, dass racial profiling – nachweislich – kontraproduktiv sei. Es verschwende Ressourcen, könne den Blick für den wahren Täter verstellen und ganze Bevölkerungsgruppen vor den Kopf stoßen, was das Zusammenleben erschwere.