Exkursion Namibia

Reisetageblog

04.09.2023 Kamanjab – Etoscha

Heute sind wir in der Oppi Koppi Lodge in den Tag gestartet. Als Stärkung in den Tag erwartete uns ein kräftiges Frühstück mit leckeren Würstchen, Bacon und Spiegeleiern. Leider fehlte ein Straußenei auf dem Buffet, aber dafür beobachteten uns ausgestopfte Tierköpfe vom oberen Teil der Wand.

Nach der Stärkung trafen wir uns alle auf der Terrasse zu zwei Vorträgen, die sich mit der Geschichte der SWAPO und der aktuellen Situation als Regierungspartei auseinandersetzen. Fahemah Qarar begann mit dem Thema Entwicklung und Innere Konflikte der SWAPO. Sie ging in ihrem Referat auf die Entwicklung der SWAPO aus der Arbeiterbewegung der OPO ein, die zunächst die Kontraktarbeiter der Minen, Farmen und der Fischerei vertrat und zur zentralen Widerstandsbewegung gegen die südafrikanische Herrschaft wurde. Die Namensänderung in SWAPO sollte die Öffnung für alle Ethnien verdeutlichen, während die Partei gleichzeitig für Studierende und somit für eine akademische Elite attraktiv wurde, die sich zunehmend militärisch engagierte und schließlich zur einzigen seit 1976 durch die UN akzeptierten Partei Namibias wurde. Die in der Folge auftretenden Konflikte werden vor allem durch die autoritäre Führung innerhalb der SWAPO gefördert, die einen Demokratisierungsprozess verhinderten.

In der anschließenden Diskussion wurde in Fortführung des Referats von Anke nochmal auf die besondere Rolle der Kirchen innerhalb der Widerstandsbewegung eingegangen. Als noch weitgehend unerforschtes Thema wurde die Beteiligung und Bedeutung von Frauen in der SWAPO identifiziert. Die Frage zur Unterrepräsentation von Frauen wurde zum einen durch die traditionelle Rollenverteilung und zum anderen durch einen dominant autoritären Führungsstil der SWAPO insgesamt begründet.

Im Anschluss daran hielt Richard Sammer sein Referat zur Rolle der SWAPO als Regierungspartei. Insgesamt war die SWAPO 33 Jahre Regierungspartei und somit ist die Geschichte der SWAPO gleichzeitig die Geschichte Namibias, die eine Entwicklung vom bewaffneten Widerstand zur Regierungspartei darstellt. Nach der Unabhängigkeit Namibias am 21.03.1990 wurde Sam Nujoma erster Präsident. In der Verfassung ist die Unantastbarkeit der historisch bestehenden Landbesitzverhältnisse verankert. Namibia war nach der Unabhängigkeit offiziell gekennzeichnet durch ein Mehrparteiensystem, die Opposition spielt jedoch in Namibia kaum eine Rolle. Der autoritäre Führungsstil Nujomas zeichnet sich zudem durch einen Personenkult aus, der in einem staatlich finanzierten Filmepos seinen Höhepunkt fand. Andererseits ist unter Nujomas Regierung die Kindersterblichkeit gesunken und das Bildungsniveau gestiegen. Zudem wurde das bedingungslose Grundeinkommen modellhaft erprobt und fand weltweit Beachtung.

In der anschließenden Diskussion ging Klaus Spethmann auf die Rolle des Militärs in der aktuellen Wahrnehmung ein, welche seiner Auffassung nach keine wichtige Rolle mehr spielt. Vielmehr handelt es sich um eine ABM-Maßnahme für die Bevölkerung Namibias, die geprägt ist durch eine hohe Arbeitslosigkeit. Außenpolitisch ist Namibia weiterhin stark mit Südafrika verbunden, welches sich in den südafrikanischen Unternehmensbeteiligungen an Minen und im Bergbau in Namibia zeigt. Namibia und Südafrika befinden sich zudem in einer Währungsunion, welche sich im Alltag daran bemerkbar machte, dass wir auch mit südafrikanischen Rand zahlen konnten.

Nach dem Weg nach Outjo, ca. 155 km von Kamanjab entfernt, sahen wir kurz nach der Abfahrt Wemba-Frauen, die sich im Vergleich zu den Himba Frauen nach Darstellung von Klaus nicht das Gesicht rot färben. Nach Auskunft unseres Guides sollte diese Fahrt in 2 Stunden zu absolvieren sein, ohne Halt – also ziemlich zügig.

Am Nachmittag führte unser Weg nach Outjo, wo sich das Frank-Haus-Museum befindet, welches wir besichtigen wollten. Das Frank-Haus wurde um 1899 gebaut und gehört zu den ältesten Gebäuden der Stadt. Es war für mehrere Jahrzehnte das Wohnhaus von verschiedenen Regierungsbeamten und anfänglich von Hauptmann Viktor Franke, Kommandeur der deutschen Schutztruppe, während des Ersten Weltkrieges.

Das Museum erzählt von der Geschichte der deutschen Siedler in den frühen 1900er Jahren und es stellt verschiedene Gegenstände der Kolonialzeit aus. Leider hatte das Museum geschlossen und es war nicht herauszufinden, ob es eine Chance gibt, da reinzukommen.

So fuhren wir weiter und legten eine Pause in der Innenstadt ein, wo man in einer Bäckerei Mittag essen oder in den umliegenden Shops sich mit den Souvenirs eindecken konnte. Anschließend fuhren wir zu unserer Unterkunft, wo weitere zwei Referate gehalten wurden.

Als erstes machte Herr Professor Nagel eine Einführung zur Roten Linie, einer im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Rinderpest 1897 angedachten Grenzlinie entlang der Grenzen zu Angola und Botswana von der Westküste nach Osten, wo in den 1960er Jahren tatsächlich ein Zaun errichtet wurde, der in Teilen heute besteht. Zu dem Vortrag gesellten sich interessierte einheimische Zuhörer dazu.

Anschließend hielt Bernd Eule einen Vortrag zur Rolle von Gewerkschaften im Widerstand in Namibia. Bernd gab uns eine Einführung über das Gewerkschaftswesen und die ersten Gewerkschaften in Namibia wie das 1957 ins Leben gerufene Ovambo‘s People Congress (OPC) mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen der Ovambo Vertragsarbeiter zu verbessern. Parallel dazu wurde 1959 das Ovamboland People‘s Organisation (OPO) gegründet, die ebenfalls gegen das Vertragsarbeitergesetz kämpfte, sich aber auch politisch für die Unabhängigkeit Namibias einsetzte. Die Gewerkschaften führten Verhandlungen nicht nur mit den Arbeitgebern durch, sondern auch auf der politischen Ebene für die Verbesserung des Arbeitsrechts. 1979 gründete die sich im Exil befindende SWAPO die National Union of Namibian Workers. Die endgültige Entstehung von Gewerkschaften war den Minenarbeitern zu verdanken. Zusammenfassend stellte Bernd fest, dass die Gewerkschaften im Unabhängigkeitskampf eine wichtige Rolle spielten, denn sie konnten die Arbeiterschaft mobilisieren und Druck auf das Regime ausüben, notwendige Reformen durchsetzen. In der Zeit der Apartheid hatten die Gewerkschaften schon ca. 80.000 Mitglieder.

Es gab im Anschluss einige Fragen, wie z. B. wann das Vertragsarbeitersystem zum Ende kam, wer die Arbeiter konkret waren, ob der Generalstreik 1971 auch ein politischer Streik war sowie die Frage, ob die Frauen auch gewerkschaftlich organisiert waren. Unser Reiseführer Klaus machte einen wichtigen Kommentar, dass es in der Zeit der Apartheid eine „job reservation“ zugunsten der weißen Bevölkerung gab, so dass die „skilled workers“ ausschließlich Weiße waren, die „unskilled“ waren für harte körperliche Arbeiten vorgesehen und überwiegend von den dunkelhäutigen Afrikanern besetzt. Es kam auch die Frage auf, ob die schwarzen Hausangestellten ebenfalls gewerkschaftlich organisiert waren und wie es mit der Migration innerhalb der Polizeizone im Zusammenhang mit Hausangestelltenjobs aussah.

Es folgte das Referat von Jörg Niehoegen zum Thema der Unabhängigkeit Namibias im internationalen Kontext, in welchem Jörg über die Unabhängigkeit Namibias vor dem Hintergrund des kalten Krieges und des Zusammenbruchs des Ostblocks berichtete und der Verabschiedung des Comprehensive Anti-Apartheid Acts in den USA in 1986. Des Weiteren ging Jörg auf die Rolle von Chester Crocker als Verhandlungsleiter. Das Referat war sehr interessant, es folgten einige Fragen, wie z. B. welche Rolle Cassinga für die internationale Meinung hatte und ob der militärische Kampf eine Rolle in der internationalen Rezeption hatte.

Zum Schluss stellte Professor Nagel die These zur Diskussion in Raum, dass die SWAPO nie eine marxistische, sondern eine nationalistische Organisation war. Die Mehrheit stimmte dieser These zu: es wurde mit der marxistischen Theorie sympathisiert, da die wirtschaftliche und militärische Unterstützung überwiegend aus dem sozialistischen Ostblock kam.

Zum Abschluss hielt unser Reiseleiter Klaus Spethmann mithilfe eines Flipcharts einen Vortrag über die Etosha Pfanne und das Flusssystem im Norden Namibias sowie über Diamantengewinnung in Namibia und die Entstehung von Diamanten und die ersten Minen.

Da die Reise am nächsten Tag in den Etosha Nationalpark ging und man entsprechend früh mit dem Sonnenaufgang aufbrechen musste, stieß die Mitteilung der Exkursionsleitung, dass das Frühstück um 6:30 stattfindet und die Abfahrt um 7:00, auf allgemeine Begeisterung und wurde allseits sehr begrüßt, man würde es sogar sehr befürworten, noch zeitiger loszufahren, was bei der Reiseleitung auf eine gewisse Skepsis stieß.

Der Tag war insgesamt aufgrund der vielen Vorträge an dem Tag sehr informativ und fand mit dem leckeren Abendessen vom Buffet in der Etotongwe Lodge einen sehr schönen Ausklang. Neben der internationalen Küche wurden auch Gerichte der nationalen afrikanischen Küche wie Wildschnitzel angeboten.

Unterwegs zur Lodge hat uns Klaus Spethmann darum gebeten, ihn bei der Errichtung des Meridian Monuments tatkräftig mit möglichst vielen Steinen zu unterstützen. Die Initiative fand einen breiten Zuspruch und wurde mit großer Beteiligung der Gruppe umgesetzt. So markiert jetzt das von uns geschaffene Denkmal in Namibia den MET-Längengrad.

Nadja Bartels und Kerstin Görtz


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert