Exkursion Namibia

Reisetageblog

06.09.2023 Namutoni – Waterberg

Auf dem Tagesprogramm stand der Besuch zweier Museen in Tsumeb, ein Ort, den wir auf der Fahrt gen Süden passieren würden. Die Abfahrt war für 9 Uhr geplant, so dass einige die Gelegenheit zur Tierbeobachtung am campeigenen Wasserloch nutzten und nochmals Zebras zu sehen bekamen.

Das Namutoni Camp wird baulich geprägt von einem Fort, das 1897 von der deutschen Kolonialverwaltung als Markierung der nördlichen Grenze des deutschen Einflussgebietes und als Kontrollstelle gegen das Vordringen der Rinderpest aus den nördlich gelegenen Ovambo-Gebieten errichtet wurde. Das Fort hat eine wechselvolle Geschichte als Polizei- und Militärstation. 1950 wurde es zum nationalen Denkmal erklär, seit 1957 wird es im Rahmen der Parkverwaltung genutzt. Es gibt ein kleines Museum, auf dessen Besuch wir aus Zeitgründen verzichten mussten.

Das Verladen der Koffer war fast schon Routine, und auch Jörg war wieder als „Auswinker“ gefragt und war beim Rangieren des Busses behilflich.

Wir machten noch einen kleinen Schlenker über den Dik Dik Drive und sahen tatsächlich zwei dieser Dik Dik genannten Mini-Antilopen, die es gerade einmal auf fünfeinhalb Kilo bringen. Dann verließen wir den Etosha-Park durch das östlich gelegene Lindequist Tor und erreichten nach gut einstündiger Fahrt Tsumeb. Die Stadt bildet zusammen mit Otavi und Grootfontein die Eckpunkte des sogenannten Maisdreiecks, das sich durch relativ hohe Niederschlagsmengen und Grundwasservorkommen auszeichnet und deshalb gute Bedingungen für den hier betriebenen Trockenackerbau bietet. Neben Mais werden Weizen, Tomaten, Paprika und Zitrusfrüchte angebaut.

Tsumeb ist aber vor allem durch den Bergbau geprägt. Betrieben wurde der Bergbau von der 1900 gegründeten Otavi Minen- und Eisenbahngesellschaft (OMEG), die mit eigens angeworbenen deutschen Bergleuten zunächst vor allem Kupfer und Blei abbaute. Später kamen Silber und Zink, Cadmium, Germanium, Kristalle und Edelsteine hinzu. 1906 wurde eine Schmalspurbahn zwischen Swakopmund und Tsumeb in Betrieb genommen. Während des ersten Weltkrieges musste die Mine geschlossen werden, 1921 nahm die OMEG den Abbau wieder auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die OMEG zerschlagen, und die Mine wurde von der Tsumeb Corporation Limited (TCL) übernommen, einer US-amerikanischen Gesellschaft, die zeitweise bis zu 8000 Arbeiter beschäftigte. 1998 musste die TCL Konkurs anmelden. Die Konkursmasse wurde von einem Zusammenschluss aus ehemaligen TCL-Managern und Gewerkschaftern übernommen, die unter dem Namen Ongopolo Mining and Processing bis heute den Bergbau in Tsumeb betreiben. Nachdem zunächst der namibische Staat das Unternehmen unterstützt hatte, hält seit 2006 ein britisch-australischer Bergbaukonzern die Aktienmehrheit.

Die Geschichte der Mine und der Stadt wird in einem Heimatmuseum präsentiert, das sich der privaten Initiative von Ilse Schatz verdankt. Ilse Schatz, 1929 als Kind deutscher Auswanderer auf einer Farm bei Grootfontein geboren, heiratete 1953 Wolfgang Schatz, dessen Vater, Gustav Schatz, von 1907 bis 1947 Direktor der OMEG war. Als Heimatforscherin recherchierte sie die Orts- und Technikgeschichte Tsumebs, besonders auch der Kupfererzmine sowie zum Leben und zu den Menschen auf den Farmen. Der umfangreiche Nachlass ihres Schwiegervaters wurde zum Ausgangspunkt des jetzigen Museums, das 1975 unter der Schirmherrschaft der S.W.A Wissenschaftlichen Gesellschaft und mit finanzieller Unterstützung der OMEG im Gebäude der ehemaligen Deutschen Schule Tsumeb gegründet wurde. Hier trug Ilse Schatz hunderte Exponate zur Orts-, Technik- und Militärgeschichte in der Tsumeber Region zusammen. Das Museum gehört heute zur Museums Association of Namibia.

Die Exponate werden in fünf thematischen Räumen in einem Rundgang gezeigt. Es beginnt mit der Ethnologischen Abteilung, die Gegenstände und Bilder zur Kultur der Ovambo, Herero, Kavango, San und Himba bietet.

Im Khorab-Raum geht es um die Schutztruppe und Unionstruppen im Ersten Weltkrieg, vor allem die Gefechte im Otavibergland und die Kapitulation. Dominiert wird der Raum von Kanonen, die kurz vor der Kapitulation im Otjikotosee versenkt worden waren und später von Hobbytauchern aus Tsumeb geborgen und für die Ausstellung restauriert wurden. Im Minenraum wird die Geschichte des Bergbaus und der Bau der Schmalspurbahn in Bildern und Gegenständen gezeigt.

Zu sehen ist auch eine Vielzahl von Mineralien. In einem kleinen Raum, der im Faltblatt mit „Verschiedenes“ überschrieben ist, finden sich neben Handarbeiten aus dem Internierungslager in Südafrika Gefallenenlisten aus dem Zweiten Weltkrieg und manch anderes. Der letzte Raum beherbergt eine Briefmarkensammlung. Die beiden letzten Räume sind etwas unmotiviert, umso informativer sind die drei ersten Räume. Der Loneley Planet jedenfalls äußert sich geradezu begeistert:

If you normally skip museums, make an exception here. Tsumeb’s story is told in this museum, which is housed in a 1915 colonial building that once served as both a school and a hospital for German troops. In addition to outstanding mineral displays (you’ve never seen anything like psittacinite!), the museum also houses mining machinery, stuffed birds, Himba and Herero artefacts, and weapons recovered from Lake Otjikoto. There is also a large collection of militaria, which was dumped here by German troops prior to their surrender to the South Africans in 1915.

Nach dem Museumsbesuch erkundeten wir die Hauptstraße – besonders ein Geschäft für namibisches Kunsthandwerk😊 – und trafen uns dann unter den Jakarandabäumen im Park gegenüber dem Museum zum Referat von Käthe (Katharina Wiegel), in dem es um Namibias Wirtschaft seit der Unabhängigkeit ging. Als Powerpointerin machte sich Sabine verdient.

Drei Kilometer südlich des Stadtzentrums liegt das Helvi Mpingana Kondombolo Cultural Village, eine Art Freilichtmuseum, das traditionelle Hütten der größeren ethnischen Gemeinschaften Namibias zeigt. Es wurde im September 1997 von der ehemaligen Bürgermeisterin von Tsumeb, Susan Nghidinwa, eröffnet. Das Museum bezieht sich explizit auf Volksmuseen in Norwegen, die genutzt werden, um das Bewusstsein für die regionale Kultur zu fördern und die Zugehörigkeit zur norwegischen Nation zu stärken. In diesem Sinne soll auch das Cultural Village in Tsumeb die kulturelle Vielfalt in Namibia zeigen und zugleich das Zusammengehörigkeitsgefühl in der neuen unabhängigen Nation stärken. Die Namibia Association of Norway (NAMAS) mit Sitz in Elverum (Norwegen) und die Stadtverwaltung von Elverum haben die Realisierung des HMK Cultural Village unterstützt. Träger des Museums ist die Gemeinde Tsumeb. Das Projekt wird von der Museums Association of Namibia betreut.

Seit 2019 arbeitet die Gemeinde Tsumeb eng mit lokalen Akteuren und Vertretern ethnischer Gruppen daran, Hüttenensemble der elf Ethnien Namibias aufzubauen. Bei der Umsetzung werden lokale Interessenvertretungen der ethnischen Gemeinschaften bei der Gestaltung der Hütten beteiligt. Gezeigt werden Hüttenensemble der Damara (Khoekhoegowab), Ovahimba, Aawambo, Gemeinschaften aus den Kavango-Regionen, Gemeinschaften aus der Sambesi-Region, Hai-//om (San), Ovaherero, !Khun (San), Tswana und Nama. Die Einbeziehung lokaler Akteure und der Anspruch, die meisten namibischen Kulturen zu repräsentieren, macht das Museum nach Selbstauskunft der Betreiber einzigartig.

Gesehen haben wir ein Museum im Aufbau. Während einige Hüttenanlagen bereits besichtigt werden können, sind einige Ethnien noch gar nicht vertreten. Geführt wurden wir von Wilma Shilamba, die uns anhand der Gebäude das soziale Leben der jeweiligen Gruppen erläuterte. Einmal im Jahr wird das Freilichtmuseum im Rahmen der Namibian Heritage Week mit Leben gefüllt.

Namibian Heritage Week (https://www.museums.com.na/entry/2022/02/revitalization-of-the-helvi-mpigana-kondombolo-cultural-village-in-tsumeb)

Um 15:15 verließen wir das Helvi Mpingana Kondombolo Cultural Village und erreichten nach vierstündiger Fahrt beim allerletzten Tageslicht das Waterberg Camp. Klaus, unser Fahrer, war immer stiller geworden und hatte sich schon Sorgen gemacht, dass wir vor dem verschlossenen Tor gestanden hätten. Bei Einbruch der Dunkelheit wird der Parkzugang versperrt. Als wir unsere Hütten bezogen, war es bereits dunkel. Das Waterberg-Plateau war nurmehr zu erahnen. Auch an Schwimmen war nicht mehr zu denken. Uns entschädigte ein grandioser Sternenhimmel, den wir auch nach dem Abendessen noch ausgiebig genossen.

Almut Leh


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