Exkursion Namibia

Reisetageblog

08.09.2023 Windhoek – Namibia im Museum und Deutsche Stimmen aus Namibia

Das erste von uns besuchte Museum war das Independence Namibias, das von den gleichen nordkoreanischen Künstlern gestaltet wurde, wie der Heroes Acre.

Das Museum erstreckt sich über 3 Stockwerke, im 1. Stock wird die Kolonialzeit dargestellt, im 2. Stock der Widerstand gegen die deutsche Kolonialmacht und die südafrikanische Besatzung und im 3. Stock werden die Unabhängigkeit und ihre Protagonisten gewürdigt.

Im ersten Stock wurde die Zeit vor der dem Kolonialismus als „Pre-Colonial Society, Peaceful Co-Existence“ beschrieben, was uns zur Rückfrage veranlasste, wie den zahlreichen Konflikten z.B. um die knappen Ressourcen wie Wasser und Weidegrund für die Rinderherden zwischen Nama und Herero einzuordnen seien.

Im vierten Stock des Museums befindet sich ein Restaurant mit einer Plattform, die einen schönen Blick auf Windhoek bietet. Einige von uns nutzten die Gelegenheit für ein schnelles Mittagessen.

Im zweiten Museum durften wir u.a. die von der ethnografischen Sammlung Berlins zurückgegebenen Artefakte sehen und mit den damit betrauten Angestellten diskutieren.

So wurde uns erläutert, dass es beabsichtigt ist, damit eine Ausstellung zu machen, die eine Geschichte Namibias jenseits von Missionierung und Genozid zeigen soll. Aktuell ist das Team noch damit beschäftigt, herauszufinden, wie die Artefakte am besten restauriert werden können. Dazu ist man im Austausch mit den „communities“, die diese Artefakte traditionell hergestellt haben wie z.B. den Ovahimbas. Diese wissen heute noch wie das Leder so zu pflegen ist, dass es geschmeidig bleibt. Darüber hinaus wir mit den jeweiligen „communities“ diskutiert, welche Artefakte überhaupt für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Die Museumsangestellten betonen, dass sie auf die Dokumentation der europäischen Museen angewiesen sind, was überhaupt vorhanden ist, da in Namibia nicht dokumentiert wurde, was durch die Kolonialmächte oder dritte Personen ausgeführt wurde.

Ca. 90.000 Objekte aus Namibia befinden sich derzeit in deutschsprachigen Ländern. Es sei nicht geplant alle zurückzufordern, auch weil viele Museen in Europa im Wesentlichen das gleiche zeigen. Es muss auch erst geklärt sein, was im Falle der Restitution mit den Artefakten gemacht werden soll. Zurzeit schaut sich das Museumsteam an, wie Kamerun und Nigeria damit umgehen. Es ist auch noch zu klären, wie eine solche Ausstellung für die Namibier selbst interessant gemacht werden kann. Bisher ist die Vorstellung beherrschend, dass solche Ausstellungen überwiegend für die Touristen sind. Tuuda Haitula von der Museums Association of Namibia hatte einleitend darauf hingewiesen, dass es sich beim Museum um ein europäisches Konzept handelt.

Das dritte und letzte Museum an diesem Tag war das City Museum von Windhoek, das unter anderem die Zerstörung der „old location“ fotografisch dokumentiert.

Auf dem Gelände des Museums wurde uns auf dem Gelände das Denkmal Curt von François gezeigt, der lange als Gründer von Windhoek gehandelt wurde. Im Museum wurde jedoch aufgezeigt, dass die Geschichte Windhoeks länger zurückreicht.

Am frühen Abend waren wir dann Gast im Goethe Institut in Windhoek, wo wir Gelegenheit hatten uns mit drei deutschsprachigen Namibiern auszutauschen. Das Goethe Institut sieht es als eine seiner Aufgaben an, den Austausch zwischen Deutschnamibiern und Namibiern zu fördern. Daneben werden auch Deutschkurse angeboten, die aufgrund des Fachkräfteabkommens zwischen Deutschland und Namibia auch Spezialkurse für Krankenschwestern und Erzieherinnen vorsieht.

Die drei Gäste sind Erika von Wietersheim bekannt als Autorin von z.B. „Good Morning Namibia“, Sylvia Schlettwein, ebenfalls Autorin und im Bildungsbereich tätig und Pfarrer Schmidt, der südafrikanischer Staatsbürger ist.

Allen dreien wurde die Frage gestellt, wie das Abkommen zwischen Namibia und Deutschland zur Wiedergutmachung des Genozids an den Nama und Herero in Namibia aufgenommen wurde. Übereinstimmend wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Gräben zwischen den verschiedenen Gruppen grösser geworden seien, v.a. weil sich die Herero durch die namibische Regierung nicht repräsentiert sehen. Das Abkommen könne so nicht unterschrieben werden, war die Ansicht der dreien, die namibische Regierung habe wohl nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet.

Frau von Wietersheim, die ein Buch über die Landfrage geschrieben hat („This land is my land“) wird von uns darauf angesprochen, wie in den Familien mit Landbesitz, die Frage verhandelt wird, dass dieses Land aller Wahrscheinlichkeit nach ursprünglich von den Namibiern nicht rechtmäßig erworben wurde. Hier antwortete sie, dass die Farmen mittlerweile mehrfach weiterverkauft wurden. Meist jedoch kaufen die Kinder den Eltern die Farm ab, um sich so den Lebensunterhalt im Alter zu finanzieren. Sie wies dann darauf hin, dass die wichtigere Frage, diejenige nach Wohnraum in den Städten sei. Die meisten Bewohner in den Townships siedeln dort illegal. Dies ist der Gegenstand ihres neuen Buches, das noch dieses Jahr herauskommen soll.

Auf Nachfrage berichteten Erika von Wietersheim und Sylvia Schlettwein über die Behandlung durch andere deutschsprachige Namibier als sich beide Familien pro SWAPO positionierten. Die Kinder wurden beschimpft und mit Steinen beworfen, berichteten beide übereinstimmend. Nach der Unabhängigkeit änderte sich dies wieder. Erika von Wietersheims Mann war in der ersten SWAPO Regierung Landwirtschaftsminister.

Insbesondere Erika von Wietersheim interessierte sich dafür, wie unsere Gruppe Namibia erlebt hat und welche Eindrücke wir gesammelt haben. Unsere Antwort, dass wir einige positive Entwicklungen erkannt hätten, wurden von allen dreien erfreut aufgenommen.

Nachdem dies unser letzter gemeinsamer Abend in Namibia war, verbrachten wir ihn gemeinsam als Gruppe in einem sehr netten Restaurant, dem Stellenbosch.

 

Sabine Scham und Claudia Drettas


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